Es war einmal ein karges und felsiges Land, das umringt war von noch kargeren und felsigeren Bergen. Ein Tal der Ödnis und Ideenlosigkeit. Und dennoch war es bewohnt.
So lernen wir eine vielleicht im eigenen Umfeld allzu bekannte Szenerie kennen, nur um jäh in eine dramatische Geschichte voller grotesker Wesen wie Schueinen und Grähen, Konflikt und Verrat geworfen zu werden. In diesem Märchen, das wir in einer anarchistischen Zeitschrift gefunden haben, durchleben wir einen außerordentlich langen Tag im Land der Trolle und Feen.
Die Episode beginnt mit dem Einladungstext für die Anarchistische Book Fair in Graz, die bereits Ende Oktober stattgefunden hat. Wer direkt in die Welt der Phantasie eintauchen will, sollte zu min 09:11 vorspulen.
Nie mehr vergaß Kazuo das grelle, wie von einer gewaltig großen blitzblanken Säbelklinge reflektierte Licht, das dumpfe Geräusch in der Ferne, “Do … doooo“, das, näher kommend, sich in ein scharf kratzendes, schließlich kreischendes “Jiii … inn” verwandelte und ihm das Trommelfell durchbohren wollte, bevor ihn etwas mit tausendfachem Paukenschlag “Gwann!” in bodenlose Tiefe warf: PIKA (Blitz), DON (Donner).
…so sehr wir auch geblendet sein mögen vom Spektakel, den der Abwurf der ersten Atombombe zu liefern scheint – von seinem theatralischen Aufbau, der in Höhepunkt und Fall gleichermaßen klimaxiert – mehr denn je erschließt es sich uns in dieser Episode: Alles geht weiter. Denn was von den später selbst so traumatisierten Tätern fallen gelassen wird, ist nur Beginn von Zerstörung und Leid; aber auch von Wiedergeburt.
Hört hier Ausschnitte des Buchs “Strahlen aus der Asche” des Zivilisationskritikers Robert Jungk mit seiner detailreichen und oft verstörend anschaulichen Recherche in der verheerten Einöde der Atomwüste Hiroshimas.
Ihr kennt das bestimmt auch: Ihr lest über Anarchismus und müsst unweigerlich an Lederhosen denken… Oder euer Mitbewohner sucht nach etwas um den Holzofen anzuzünden und ihr fordert ihn auf dafür eure Memoiren zu nehmen. Nun ja, diese und viele weitere Alltagssituationen haben alle denselben Urheber:
The one! The only! OMG!
Hört hier jenen Teil seiner Originstory, in der ihr nachverfolgen könnt wie er sich durch Charisma, Zuverlässigkeit und Kombinationsgabe aufschwang zum Secretary of No State.
Nachdem unser pataphysisches Experiment von vor zwei Wochen das Publikum an die Grenzen der Appetitlichkeit gebracht hat, nehmen wir die rückgekoppelten Anregungen auf … nur um selbst im Studio an unsere Grenzen zu gehen.
In chaoswissenschaftlicher Manier nähern wir uns heute also den Körpersäften an und folgen dabei unserem kulturellen Leidstern A.S., dessen One-Liners uns nun wirklich nicht zum ersten Mal inspirieren.
Richtige Raubtiere diese Radio-Riege…
PS: Eine auditive Auflistung der ausgewählten Aufsätze und Bücher findet ihr am Ende der Sendung.
Es ist als ob wir die letzten acht Jahre nichts anderes gemacht hätten. Und trotzdem: In unserer nicht enden wollender Ignoranz wussten wir nicht einmal, dass wir die ganze Zeit bereits ‘Pataphysik betrieben – und das auf hoch-wissenschaftlichem Niveau wohlgemerkt.
Bis wir an jenem düsteren, nur schwach von flackerndem Lichte erleuchteten Abend in einer zwielichtigen Kneipe im Nordkiez die Grüne Kerze überreicht* bekamen…
Jede Seite eine Erleuchtung, jeder Satz eine Erkenntnis und jeder zufällige Tippfehler eine sprachliche Hürde, über die ihr uns wieder und wieder stolpern hört. Aber, waren es wirklich die Tippfehler, oder haben wir es nach acht Jahren immer noch nicht gelernt einen Text flüssig(!) vorzutragen.
Aber was IST die ‘Pataphysik nun eigentlich? Nur ein Wortwitz? Oder doch etwas, das jenseits steht? Etwas, das über die Metaphyisk hinaus geht? Etwas, das im Partikularen die Eigentlichkeit erkennt?
Wer nach diesen hochgradig essentiellen, über den Essentialismus hinaus gehenden achzig Minuten KAPUTT FM immer noch nicht weiß worum es in der ‘Pataphysik geht, muss wohl im Studio dabei gewesen sein <3
KAPUTT FM presents: Grüne Kerze – Zeitschrift des Instituts für ‘Pataphysik
Starring: Alfred Jarry, Max Stirner, Ubu Roi, Uroboros
“Wenn die Geschichte nicht von den Anarchisten gemacht wird, dann wird sie von ihren Feinden gemacht.”
Hier Auszüge aus Parole Chiare – La «buona guerra» degli anarchici italiani immigrati negli Stati Uniti (1914-1920) erstmalig auf Deutsch.
Es handelt sich um die explosive Geschichte der eingewanderten Anarchist*innen in den USA um den 1. Weltkrieg. Von ihnen ging die größte bewaffnete Offensive des 20. Jahrhunderts gegen Institutionen und Privatpersonen von Regierung, Justiz, Industrie und Religion im größten kapitalistischen Land der Welt aus. Die Hauptdiskussionsplattform dieser Offensive war die zweiwöchige anarchistische Zeitschrift Cronaca Sovversiva aus Boston – und zwar lange Zeit von den Behörden unbeachtet, da diese auf Italienisch erschien.
Tragischerweise ist besonders die Repression gegen diese Offensive bekannt und zwar aufgrund der Ermordung der beiden Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti auf dem elektrischen Stuhl 1927 und die weltweite Solidaritätskampagne in den Jahren davor.
Ihr hört Teile dieser Geschichte, beginnend mit dem Ludlow-Massaker von 1914 als streikende Minenarbeiter und ihre Familien von der Nationalgarde dahingemetzelt wurden. Die Lesung konzentriert sich dann auf die Anschläge der italienischen Anarchist*innen in Boston, New York und Chicago in den Jahren danach.
Ein ferrücktes Fest der Fehlnutzung: Sechs Freaks, ein paar Küchenutensilien und ein (literal) Haufen Spielzeug in einem viel zu heißen Studio. Der Ventilator is our only Fan.
Niemals darf rauskommen was mit diesen armen Mikros gemacht wurde.
Dazwischen wieder irgendein ein zerstörerisches Anarcho-Gelaber über kaputte Städte oder so.
Eine zusammengewürfelte Meute, die unkoordiniert Krach macht?
Oder die feinste Auswahl an Noise-Kunst kombiniert mit explosiven anarchistischen Ideen?
Entscheidet selbst!
Ach ja, und es ist unser 7. Geburtstag. Am 20.7.2017 hatten wir unsere erste Sendung. Hört am Ende dieser Episode die bisher online unveröffentlichten ersten Minuten von KAPUTT FM…
Ausgebeutet, ins Lächerliche gezogen, abgewertet. Hühner sind für die Wenigsten ein Vorbild. Doch sehen wir den Tatsachen ins Auge: Ihre Lebensbedingungen ähneln den unseren auf erschreckende Weise. Abhängig von Strukturen, die andere für uns bereitstellen – seien sie architektonischer oder logistischer Natur, können wir uns nur noch schwer vorstellen uns selbst zu versorgen, wild zu leben. Zu sehr sind wir an Comfort und ein falsches Gefühl der Sicherheit gewöhnt. Wir sitzen auf unseren Stangen, weggesperrt von den Gefahren des Waldes überleben wir in einer eingepferchten Situation, in der wir uns gegenseitig zu unterdrücken suchen, nur mit dem Ziel die höchste Sprosse der Hühnerleiter zu bewohnen.
Doch genau das ist der Grund warum wir uns Händ’l (und hier ist nicht die Rede von irgendwelchen Komponisten) als Mentoren auserwählen sollten. Denn auch das hyperzivilisierte Huhn, das nur noch die Abhängigkeit zu kennen scheint, das keine Strategien der eigenständigen Selbstverteidigung mehr präsent hat, das ohne gefüttert zu werden und Unteschlupf gewährt zu bekommen sich als wandelndes Opfer wähnt … auch dieses Huhn hat es punktuell geschafft zu verwildern und die gegenwärtige Welt, die sich gerade auf einen postindustriellen Zustand zubewegt, in dem Zerstörtheit und der Prozess der selbstständigen Renaturalisierung beidermaßen vorkommen und all den Versuchen immer noch mehr zu kontrollieren gegenüberstehen, als neuen Lebensraum zu verstehen und dort zu bestehen. Dort leben sie in einer beinahe utopisch anmutenden Lebensweise: Bäume und Büsche ersetzen Käfige und dunkle Ställe. Frei von Hierarchie gibt es weder einen Unterschied zwischen Hahn und Henne, noch gibt es eine andere Form der sozialen Unterdrückung. Die Hühnergemeinschaft teilt alles, Hähne brüten ebenso wie Hennen. Die körperliche wie emotionale Liebe kennt keinerlei Grenzen mehr. Und es wird erzählt, dass es Gemeinschaften von verwilderten Hühnern gibt, die mit Füchsen in Symbiose leben und gemeinsam mit diesen auf die die Jagd gehen…
Aus irgendeinem Grund sind wir derzeit vollkommen auf dem CHICKEN hängen geblieben und nähern uns in dieser Sendung also daran an. Du schaust auf das CHICKEN herab? Aber vergiss nicht: Das CHICKEN bist DU!